traumwach | Roman, 399 Seiten – 2020: © Sylvie Bantle
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"traumwach" (Roman, 2020, 399 S.)
Synopsis:
Flora, eine erfolgreiche Modekünstlerin, erwacht eines Morgens in einem gigantischen Haus mitten im Meer. Das sei die ganze Welt! Und: So sei es schon immer gewesen. Doch der Blick aus dem Fenster erschreckt sie. Die vertraute Ordnung, ihr altgewohntes Leben wird zur quälenden Farce.
Was ist das? Ein Traum, Intuition, Funken von Eingebungen einer fernen Welt, ein Wurmloch, in das sie hineingesaugt und nach Sekunden wieder ausgespuckt wurde mit einem Kosmos von Erinnerungen?
Getrieben von der Suche nach einer Erklärung, irrt die Protagonistin Flora durch Landschaften, die es nicht gibt, sobald sie die Augen aufschlägt. Im Hirnkino ist Tag und Nacht alles möglich – welche Welt ist real? Zerrissen zwischen Ahnung, Selbstzweifel und der Wahrnehmung eines bizarren Alltags jongliert sie durch das Labyrinth ihres neuen Fremdseins, immerzu untersuchend, ob sie etwa in einem Alptraum festhängt, unfähig aufzuwachen, oder ob sie nur sehr lange geschlafen hat und eben erst erwacht ist.
Die Krise der Verwirrung ist ein klassisches Symptom – die anstrengende Phase der Verwandlung. Flora durchschreitet soeben die Mitte ihres Lebens. Die Schleier fallen von ihren Augen, was sie sehen, macht Angst.
Durch einen Zufall stößt sie auf ihre alten Tagebücher und Traumaufzeichnungen. Eine innere Reise setzt sich in Gang, entrollt die strapazierende Frage: Wo hört Innen auf, wo fängt Außen an? Die Grenzen verwischen, je tiefer Flora in ihre Nachtseite eintaucht und die andere Hälfte ihres Wesens entdeckt. Dort ist vieles gesehen und gewusst, bevor es im Kopf ankommt. Im Fundus ihrer eigenen Worte begegnet sie der inneren Stimme. Die Beharrlichkeit, ihr zuzuhören, führt schließlich zum richtigen Ort.
Thema:
traumwach verwebt Innen- und Außenwelt, wechselt zwischen Traum und Tagesgeschehen. Hierfür schöpft die Autorin aus ihren eigenen Traumaufzeichnungen.
Die Grenzen aufweichend, die doch eigentlich nur im Kopf existieren, setzt sich der Roman mit einer Daseinsbeschaffenheit auseinander, in der man von käuflichen Versprechungen regelrecht überflutet, sogar dort in verwirrende Bedrängnis gerät, wo es um das eigene Seelenheil geht. Das Urwissen, dass alle Antworten und Lösungen in einem selbst liegen, wird einem zum Heil der Konzerne systematisch abtrainiert. Selbständigkeit und Eigenverantwortlichkeit des Individuums ist unerwünscht, weil unausbeutbar für Dritte. Deshalb findet hier keine PR statt. Die Anstrengung, sich selbst zuzuwenden und sich einzulassen auf einen Bereich, den jeder besitzt und daher nicht käuflich ist, bleibt ein persönliches Geheimnis.
Die Gegenwart kennt nun alles, von der spirituellen Erleuchtung bis zum Quantensprung. Und noch zahlreicher locken Angebote von Heilsbringern die Konsumenten, mit ständig neuen Techniken und Tricks noch schneller Erfolg, Identität, Heilung und Glück zu erlangen, währenddessen die politische Realität vor der Kulisse von Klima- und Wirtschaftskollaps, von Ausbeutung, chronisch kriegerischen Konflikten und Gefahren ansteckender Erreger sich wie eine skurrile Parallelwelt gestaltet. Wer noch im Besitz eigenständig wacher Sensoren ist, wird das Unbehagen nicht los. Ist die Angst vor sich selbst zu groß geworden, um ihr heldenhaft zu begegnen? Unter dem Diktat des Fortschritts gedeihen zweckorientierte Mechanismen, die ebenso das Privatleben infizieren. Zwischenmenschliche Begegnung verkümmert zu hygienisch elegantem Styling der Isolation. Der Bewohner einer künstlichen Welt hat seine Beziehung zu sich selbst verloren, sein Kontakt zum Nächsten und zur Umwelt ist Schein, das belebende Gedächtnis der natürlichen Landschaft ihm nicht mehr zugänglich.
In traumwach wird das Szenario als kolossales Haus im Meer überzeichnet dargestellt. Es hat 12 Stockwerke, jedoch ist unten Nr.12 und oben Nr.1. Alle wollen nach oben, es ist das verklärte Ziel. Den jeweiligen Qualitäten der 12 Sternzeichen entsprechend, führen 12 Kapitel durch den Roman.
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Die einzig verbliebene natürliche Landschaft bildet das weite Meer, von den zahlreichen Hausbewohnern lediglich als gewohnter Ausblick registriert. Diejenigen, die ganz unten leben, erkennen das Meer als Ursprung allen Lebens. Dort existiert noch das Bewusstsein der Freiheit. Am Horizont suchen sie das Abenteuer eines Neuanfangs mit Hilfe von Walen und Delfinen, mit denen sie seit längerem kommunizieren.
Die Krise der Lebensmitte fordert zur Besinnung heraus, für den weiteren Lebensweg eine Richtungskorrektur oder einen Neubeginn vorzunehmen. Zugleich birgt der Zeitpunkt die kosmisch unterstützende Kraftquelle, Schritte der Veränderung zu wagen. Die Protagonistin Flora folgt zunächst widerwillig diesem Ruf, der ihren kleinen, festgefahrenen Alltag in Frage stellt. Mühsam und einsam gestaltet sich Vorwärtstasten und Hinspüren zum Richtigen – das Richtige für sie. Denn ihre gewohnte Umgebung scheint einer anderen Wahrnehmungsdimension anzugehören und kann sie bei ihrer Reise nicht unterstützen.
Keine Frage, die Gegenwart befindet sich in einer großen, globalen Krise. Diese Herausforderung ist der einer Midlifecrisis nicht unähnlich. Die Zeit ist reif für einen Streik der Gewohnheiten in allen Ebenen. Die große Reise ist nicht konsumierbar, weil man sie nur allein antreten kann: Hinein in das eigene Innenreich! Den Träumen zuhören! Der Träumende ist das Ohr der Seele, ihre Stimme sein Traum. Flora folgt ihr und findet schließlich in den 12. Stock, wo sie sich in den Sänger Camill verliebt …
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Hitlers Tränen | Roman, 289 Seiten – 2016 © Sylvie Bantle
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Hitlers Tränen (Roman, 2016, 289 S.)
Die Familie ist die kleinste Zelle der Gesellschaft! Wie unter einem Mikroskop sind dort die Mechanismen des großen Systems erkennbar. Feindbilder und Sündenböcke sind künstlich geschaffene Phantome zum Zweck der Schuldverschiebung, somit der Verweigerung der Selbstreflexion. In der Familie ahnungslos praktiziert, nutzen die Mächtigen diese Taktik für ihre Manipulationsstrategien, profitabel die Welt zu plündern und sich der Verantwortung zu entziehen. Wie im Großen, so im Kleinen …
Ein Heilungsprozess kann nur von der kleinsten Zelle ausgehen, damit das Rad von Gier und Grausamkeit zum Stehen kommt. Selbsterforschung verlangt von jedem Einzelnen nichts Geringeres als den Heldenweg ab. Denn friedliches Zusammenleben bedingt diese große Herausforderung, den eigenen Wunden zu begegnen und darin das Potenzial für Empathie zu finden …
Die Geschichte:
Die Lebenskünstlerin Klio ist Ende vierzig mit dem Befund Brustkrebs konfrontiert. Laut des Arztes gebe es dafür keine Ursache, es sei nur Pech. Die innere Stimme aber rebelliert: Du leidest an einem Trauma!
Wo liegt die Wurzel des Übels? Die Erinnerung zeigt Gewalt und Missbrauch durch den Vater, die Tatenlosigkeit der hilflosen Mutter. Das waren nunmal die Erziehungsmethoden! In diesem Jargon wird das Quälen allgemein bagatellisiert. Es scheint, die anderen kennen das Geheimnis, wie man vergisst. Klios Krankheit ist Nichtvergessenkönnen. Dennoch erkennt sie Symptome der Verwundung, wohin sie blickt, bei Eltern, Geschwistern, Freunden, deren Eltern. Und das Weltgeschehen führt täglich vor, wie es aussieht in den Menschen: Gewalt, Grausamkeit, Entwürdigung, Krieg.
Die eigene Familiengeschichte als Selbstheilungsmaßnahme aufzurollen, gilt als Tabu. Doch Klio will es brechen: Zensurlos!
Die Spirale der Selbsterforschung führt sie in unwirtliche Gebiete voll schwarzer Löcher, darin verstecken sich die verfemten Emotionen. Den Spuren des Nichtvergessenen folgend, gräbt sie sich in die Vergangenheit bis hin zu ihren Wurzeln. Da sind die Ahnen, da ist die Kultur, die sie hervorgebracht hat, da sind die Kriege, da ist die Geschichte ihrer Heimat, die Frieden und Krisen durchlief ähnlich wie sie selbst auf ihrer persönlichen Lebensreise.
Krebs sei der Kuss Gottes, sagt die Homöopathin. Schaudernd begreift Klio, wozu das Schicksal sie herausfordert: Heilung. Das bedeutet, die verlorenen Seelenanteile, sich selbst suchen. Und sie ahnt, die Zerstückelung mahnt nichts Geringeres als den Heldenweg an. Wer die Hölle erlebt hat, muss noch einmal zurück. Dort irren die Kinderseelen der Lebenden und der Toten durch die Dunkelheit, darauf wartend, dass endlich Licht auf sie fällt. Dort begegnet Klio der eigenen und der Not anderer – Eltern, Großeltern, Urgroßeltern, Künstler, Herrscher, Rechtlose, Juden, Reiche, Arme, und ebenso dem verzweifelten Kind, das Hitler einst gewesen war.
Wie entstehen Monster? Das Kleine fächert sich auf bis ins Große, wo die unreflektierte Not jedes Einzelnen sich im Weltgeschehen offenbart. Die Familie ist die kleinste Zelle der Gesellschaft! Emotionen steuern die Taten, nicht Vernunft ist Motor weltlichen Getriebes. Hinter jeder machtumwobenen Gestalt der Grandiosität, hinter jeder Superlative von Selbstzweck und Gier, hinter jeder Grausamkeit verbirgt sich eine gedemütigte Kinderseele. Zu groß ist die Angst, ihr zu begegnen. In der Gegenwart hat sich nur scheinbar etwas verändert, Methoden passen sich dem Zeitgeist an. Der Teufel kommt nie imgleichen Kostüm! Ungebrochen die zerstörerische Energie, die ihre Kraft von verstoßenen Emotionen in schwarzen Löchern gewinnt, sich gar zu potenzieren scheint mit jeder Generation. Das Vierte Gebot macht die emotionale Blindheit möglich. Ob auf kleinen oder großen Bühnen, es wird eifrig Theater gespielt und gelogen auf der Flucht vor den eigenen Wunden. Bis heute verfemt, selbst zu denken und selbst zu fühlen. Das Kind wird nicht gehört. Im Spiegel des düsteren Kapitels der deutschen Geschichte erkennt Klio das totalitäre Regime in ihrer eigenen Familie wieder, das im Namen von Familienglück in einer geheuchelt heilen Welt die Erinnerung verweigert.
Während Chirurgen ihren Krebs herausschneiden, schweift Klio körperlos durch ihre Geschichte, die sich mit dem großen Geflecht der Vergangenheit verwebt. Es heißt, in todnahen Momenten spult sich der gesamte Lebensfilm in Sekundenschnelle vor dem inneren Auge ab. Der Roman steigt ein bei Klios Todesangst kurz vor der Operation und endet mit dem Erwachen aus der Narkose. Was passiert mit der Seele, mit dem Geist, wenn der Körper abgeschaltet ist? Schluchzend kehrt Klio ins Leben zurück. Die Anästhesistin hat keine gute Arbeit geleistet. murmelt sie im Dämmer – sie spricht für das traumatisierte Kind. Ein neues Empfinden bringt sie mit. Der Anteil des abgespalteten inneren Kindes ist bei ihr und mit ihm seine lang vergessene Todesangst. Über vier Jahrzehnte waren sie eingekerkert hinter der uneinnehmbaren Festung der Dogmen von Familie und Gesellschaft, deren Gebote lauten: Vergessen! Betreten verboten!
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